Gedanken vom Boss: Eine Lanze für Hasbro!
In letzter Zeit scheint es, auch und gerade hier bei uns Transformers Fans in Deutschland, gerade wieder mal voll in Mode zu sein, über Hasbro zu lästern. Da gibt es Videos mit dem Titel „F*** Hasbro“, haufenweise Beschwerden über vergilbendes Plastik, Tiraden über leere Regale in den Spielzeugläden, Flüche auf die vielen US-Exclusives, und Boykott-Ankündigungen von diversen Seiten.
Natürlich gehört zum Fansein auch irgendwie dazu, gerne mal über das abzulästern, wovon man Fan ist. Sieht man z.B. im Star Wars Fandom sehr häufig (und das ist ja auch Hasbro). Und natürlich ist Hasbro als internationaler Großkonzern auch oft ein leichtes Ziel für Beschwerden und Anfeindungen aller Art, gerade von erwachsenen Sammlern der Altersgruppe 30+, die ja ganz genau wissen, was die Fans wollen und es zufällig genau das ist, was sie selbst wollen. Aber sind diese Anfeindungen wirklich gerechtfertigt?
Lassen wir mal die offensichtlichen Argumente, dass es ohne Hasbro überhaupt keine Transformers gäbe und wir diese Diskussion gar nicht führen könnten, mal beiseite. Ignorieren wir auch einfach mal, dass die Hauptzielgruppe für die Transformers nach wie vor Kinder sind, nicht erwachsene Sammler. Und machen wir uns auch keine Sorgen darum, dass Hasbro in erster Linie seinen Aktionären Rede und Antwort stehen muss, nicht irgendwelchen Youtubern oder Podcastern. Fragen wir uns stattdessen: ist es denn wirklich so schlimm, was Hasbro macht?
Immer nur Amerika
Ein oft gehörtes Argument gegen Hasbro ist, dass man sich dort eigentlich immer nur im den amerikanischen Markt sorgt und den Rest der Welt, vor allem Europa und Deutschland, bestenfalls hinten anstellt bzw. überhaupt nicht beachtet. Ist nicht komplett von der Hand zu weisen, zugegeben, aber Hasbro ist nun mal ein amerikanisches Unternehmen und auf dem amerikanischen Binnenmarkt werden im Spielzeugsektor jährlich 25 Mrd. Dollar umgesetzt (davon ca. 1,6 Mrd. im Actionfiguren Bereich, Zahlen von 2020). In Deutschland dagegen reden wir von gerade mal 3,7 Mrd. EUR insgesamt. Eine Zahl für Actionfiguren konnte ich leider nicht finden, aber wenn wir mal davon ausgehen, dass die Verteilung ähnlich ist, dann reden wir vielleicht gerade mal von 230 Millionen EUR. Immer noch eine Menge, aber nur ein Kinkerlitzchen verglichen mit dem US Markt. Insofern verständlich, dass Hasbros Fokus dort liegt.
Wenn man allerdings hierzulande über leere Spielzeugregale in den Geschäften klagt, dann muss man klipp und klar sagen: das hat nichts mit Hasbro zu tun. Hiesige Spielzeughändler können alles ordern, was Hasbro ausliefert, da gibt es keine Einschränkungen. Klar, die kommen vielleicht etwas später und sind teurer als in den USA, aber das ist eine Frage der Logistik und der lokalen Nachfrage und hat ebenfalls nichts mit Hasbro zu tun. Der klassische Einzelhandel ist seit Jahren am Aussterben, das ist leider ein genereller Trend.
Aber was ist mit den ganzen Exclusives, die es nur in den USA gibt? Walmart, Target, Amazon, etc. pp. Warum kriegen wir die nicht? Antwort: wir kriegen Sie. Früher gab es solche Exclusives oft bei Toys R’Us hier in Deutschland (sicherlich nicht alle, aber das war ein generelles Problem) und seit letztem Jahr gibt es ja immerhin Hasbro Pulse in Deutschland, wo bisher eigentlich alle Exclusives jetzt auch für den deutschen Kunden erreichbar sind. Überhaupt muss man sagen: wir sind hier in Deutschland erst das zweite Land außerhalb der USA, die direkten Zugriff auf Hasbro Pulse haben. Also so missachtet kann der deutsche Markt dann ja doch nicht sein, oder?
Miserable Qualität
Auch immer wieder gerne bemängelt: die Qualität der Hasbro Figuren. Gerade und vor allem im Vergleich mit Third Party Figuren. Auch hier erstmal das offensichtliche Argument vorweg: der Vergleich zwischen einer 20 Euro Figur aus der Massenfertigung und einer 100 Euro Figur für Sammler hinkt, da liegen völlig andere Voraussetzungen vor.
Aber auch abseits dieser Argumentation, ist es denn wirklich so? Selbst wenn ich nur aus meiner persönlichen Erfahrung spreche, habe ich hier einige Third Party Figuren daheim stehen, die ich mich kaum noch traue anzufassen, weil sie gefühlt zerbrechlich wie Glas sind. Perfect Effect Beast Gorira verlor den Arm ohne jede Außeneinwirkung. Bei XOverGen Grand Patriot brach direkt bei der ersten Transformation ein Teil ab. Die TFC Combiner brauchen nach wenigen Jahren neue Gelenke, weil die alten total ausgeleiert sind und abbrechen. Im Gegensatz dazu sind meine Beast Wars Figuren aus den 90ern und die Armada Toys von Anfang 2000 größtenteils noch in 1A Zustand und mit denen kann man heute noch unbeschwert spielen, ohne dass was abbricht.
Natürlich kann man das nicht wirklich verallgemeinern. Auch Hasbro (und Takara) haben schon qualitative Mangelware abgeliefert, überhaupt keine Frage. Und man kann sich zurecht über offene Unterarme oder der Einsparung zum Opfer gefallene Waffen aufregen, überhaupt kein Thema. Und ja, momentan scheint es Probleme mit dem weißen Plastik zu geben, dass gerne und schnell vergilbt. Alles Punkte, die man beanstanden kann und auch sollte. Aber generell zu sagen, die Qualität der Hasbro Figuren wäre schlechter als bei Third Party oder anderen Spielzeugherstellern ist definitiv falsch.
Und wenn wir mal vergleichen, wie beweglich und vorbildgetreu aktuelle War for Cybertron oder Legacy Figuren sind im Vergleich mit den Figuren von vor gerade mal 10 Jahren, da kann doch wirklich keiner meckern, oder? Und klar, die Figuren werden teurer. Das nennt sich Inflation, Preissteigerung bei Plastik, höhere Lohnnebenkosten, etc. pp. Alles Dinge, unter der die Branche allgemein (und auch andere Branchen) leiden. Hat nichts mit Hasbro zu tun.
Zusammenarbeit mit den Fans
Als letzten Punkt nehmen wir uns jetzt nochmal das Thema vor, was auch vielen immer wieder mal sauer aufstößt: dass Hasbro gefühlt kein Interesse hat, Fan-Veranstaltungen hier in Deutschland zu unterstützen oder zu fördern. Da war natürlich gerade erst der aktuelle Fall, dass ein Vertreter von Hasbro eigentlich auf der C.O.N.S. Convention anwesend sein sollte, dass ganze dann aber in letzter Minute abgesagt wurde. Was natürlich schade war, überhaupt keine Frage.
Allerdings wird beim Meckern darüber auch gerne ignoriert, dass Hasbro Deutschland einen Haufen Figuren für die gleiche Veranstaltung gespendet hat. Klar, für eine Firma wie Hasbro sind ein paar Kisten mit Figuren kaum der Rede wert, aber es zählt ja der Gedanke. Und sein wir auch mal realistisch: als Eigner der Marke Transformers könnte Hasbro auch ganz einfach sagen: keine Transformers Fan Conventions mehr, ist nicht erlaubt! Wäre natürlich ins eigene Fleisch geschnitten, aber wäre ihr gutes Recht. Vor so rund 20 Jahren hat Paramount das mit Star Trek mal gebracht.
Es stimmt natürlich, dass Hasbro in den USA mehr mit diversen Fans kooperiert, um Conventions und den Fandom allgemein zu unterstützen. Aber auch hier muss man mal die Proportionalität im Auge haben: wie groß ist der Fandom in den USA im Vergleich mit dem hier in Deutschland? Ich denke den Faktor 100 kann man locker ansetzen. Natürlich wäre es trotzdem wünschenswert, dass Hasbros lokale Außenstellen sich hier (und auch in anderen Ländern) mehr ins Zeug legen, daran wird auch gearbeitet. Aber nur weil ich Fan von etwas bin, habe ich nicht automatisch das Recht, vom Eigentümer jener Sache zu erwarten, dass er mir ständig Honig ums Maul schmiert.
Irgendwo ist es eine Henne / Ei Diskussion, ganz klar. Wäre der deutsche Transformers Fandom größer, wenn Hasbro aktiver wäre? Wäre Hasbro aktiver, wenn der deutsche Transformers Fandom größer wäre? Eine gute Antwort darauf gibt es natürlich nicht.
Konstruktiv anstatt Destruktiv
Es mag eine persönliche Einstellung von mir sein, aber ich war immer schon der Meinung, dass man mehr erreicht, wenn man versucht konstruktiv mit jemandem zu kooperieren, anstatt sich einfach immer nur aufzuregen, zu meckern, und genau darzulegen, wie scheiße doch alles ist.
Könnte Hasbro mehr machen? Bei der Qualität, der Figurenauswahl, der Kooperation mit den Fans? Klar, überhaupt keine Frage. Werden sie mehr machen, wenn sie von den Fans nur zu hören kriegen, wie scheiße sie doch sind und von nichts eine Ahnung haben? Mit Sicherheit nicht.
Und sein wir ehrlich: in Zeiten von Social Media hören die Firmen DEUTLICH mehr auf ihre Fans, als das vor dem Internet der Fall war. Viele Reviewer kriegen für ihre Videos von Hasbro kostenlos Figuren gestellt. Veranstaltungen wie die C.O.N.S. kriegen ebenfalls vieles gesponsort. Geht da noch mehr? Klar, natürlich, aber wenn man mal die Nostalgie beiseitelässt, dann wird einem klar: es IST bereits viel mehr, als es jemals war. Und es gibt auch ein Auf und Ab, logisch, das hängt auch immer ein wenig davon ab, wer gerade im Entscheider-Stuhl sitzt und wie viel Bock der- oder diejenige auf den Job hat.
Also das Fazit dieses Artikels: als Transformers Fans sind wir deutlich, deutlich besser dran, als die meisten anderen Sammler von Action-Figuren, auch und gerade wenn man die Welt außerhalb der USA betrachtet. Wir jammern und klagen auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Luft nach oben ist immer, viele Sachen kann man noch besser machen, aber das wird mit Sicherheit nicht passieren, wenn sich immer nur alle beschweren und darüber meckern, wie scheiße doch alles ist. Also vielleicht bitte mal an der einen oder anderen Stelle darüber nachdenken, was man von sich gibt. Oder auch einfach mal in den Spiegel gucken und sich fragen:
Wenn ich derjenige wäre, den die Leute da so beschimpfen, wäre ich dann motiviert, es besser zu machen?
Persönlich bin und bleibe ich Sammler von Hasbro Transformers und habe viel, viel Spaß damit. Und sollte es nicht vor allem auch darum gehen?